Wortschatz-Projekt Leipzig : Wörter des Tages : Belegstellen für »Jelinek« am 08.10.2004
  1. Stockholm - 7. Oktober - dpa/ap - Die 57-jährige Jelinek bekomme die Auszeichnung "für den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen" in ihren Werken, begründete die Schwedische Akademie in Stockholm am Donnerstag ihre Entscheidung.
  2. Jelinek enthülle "mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität der sozialen Klischees".
  3. "Natürlich freue ich mich auch", sagte Jelinek der Nachrichtenagentur APA, "aber ich verspüre eigentlich mehr Verzweiflung als Freude."
  4. Jelinek ist die erste Österreicherin, die den Literatur-Nobelpreis erhält.
  5. Sie betrachte ihn nicht "als Blume im Knopfloch für Österreich", sagte Jelinek, die oft die mangelnde Auseinandersetzung ihrer Landsleute mit der Nazi-Vergangenheit kritisierte.
  6. In Büchern wie "Die Klavierspielerin" oder "Lust" und Dramen wie "Raststätte" oder "Ein Sportstück" scheut Jelinek nicht vor Obszönitäten zurück.
  7. Auf dem Plakat war ein Geige zu sehen und darunter wurde suggestiv gefragt, ob man denn nun Peymann und Jelinek liebe - "oder Kunst und Kultur".
  8. Jelinek selbst hat nach der Wahl 2000, nach der die "Freiheitlichen" eine Koalition mit den Konservativen einging, wegen des "geistigen Klimas" in Österreich ein Bühnenverbot für ihre Stücke verhängt.
  9. Jelinek will nicht zur Nobelpreis-Verleihung - Die österreichische Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek sagte im schwedischen Rundfunk, sie werde zur Verleihung am 10. Dezember wegen Krankheit nicht nach Stockholm kommen.
  10. Die Entscheidung für Jelinek bedeutet einen Triumph des poetischen über das politische Prinzip.
  11. Obwohl Jelinek bis zum heutigen Tage mit ihrer Mutter unter einem Dach lebt, hat sie nie einen Hehl aus dem belastenden Verhältnis gemacht.
  12. Früh hat Jelinek Ballett-, Orgel- und Geigenunterricht bekommen.
  13. Nach dem Abitur in einer Klosterschule - ihre Aversion gegen die frömmelnden Vertreter der katholischen Kirche mag darauf zurückzuführen sein - studierte Jelinek am Wiener Konservatorium Klavier und Komposition.
  14. In dem für Jelinek typischen Stakkatostil heißt es dort: "Die Mutter will alles später.
  15. Bei Jelinek klinge die Vereinigung von Mann und Frau, als werde "ein Bleistift in eine Federtasche gesteckt".
  16. Er vermisste die Gefühle, die für die Liebesdarstellung doch so wichtig seien, ignorierend, dass Jelinek in ihrem gesamten literarischen und dramatischen Schaffen gegen die Gefühle, gegen die Liebe, gegen die Natur (die es nicht gibt) anschreibt.
  17. Er trampelte, Jelinek rezitierend, auf dem Textteppich herum, der auf die Bühne geschrieben war.
  18. Noch ist Jelinek nicht kanonisiert, noch ist das ein unabgeschlossener Prozess.
  19. Zwischen Dadaismus und Brechtschem Lehrstück ist Jelinek eine hohe politische Moralistin, eine der Letzten ihrer Generation, die - unkorrumpiert - nicht aufhört, die Finger in die nicht heilen wollenden Wunden der Gesellschaft zu legen.
  20. Übrigens: Jelinek war niemals Kultfigur der Frauenbewegung, weil ihr Ansatz und ihre Analysen übergreifend gesellschaftspolitischen Charakter haben.
  21. Jelinek zeigt, wie die Klischees der Unterhaltungsindustrie ihren Einzug in das Bewusstsein der Menschen halten und ihren Widerstand gegen klassenbedingte Ungerechtigkeit und geschlechtliche Unterdrückung lähmen.
  22. Jelinek reagiert mit einem Aufführungsverbot ihrer Stücke in Österreich.
  23. Mit der ihr eigenen Sprachversessenheit gießt Jelinek Alltagswirklichkeit in Österreich (und nicht nur dort) in eine enthüllende Satire.
  24. Dabei ist Jelinek nicht gerade eine Autorin, die auf Harmonie aus ist.
  25. Jelinek habe den Preis "für den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen", hieß es zur Begründung.
  26. Jelinek sagte im schwedischen Rundfunk, die Verleihung des Nobelpreises sei eine "überraschende und große Ehre".
  27. Breite Aufmerksamkeit hatte Jelinek, die sich auch als Lyrikerin und Dramatikerin einen Namen gemacht hat, bereits mit ihrem Romandebüt "wir sind lockvögel, baby" im Jahr 1970 erregt.
  28. Als ihr Hauptwerk hatte Jelinek den Anfang 1995 vollendeten Roman "Die Kinder der Toten" bezeichnet, den sie selbst als "eine Gespenstergeschichte zur österreichischen Identität" umschrieben hatte.
  29. DPA Schriftstellerin Jelinek: "Sprachliche Leidenschaft"
  30. Jelinek habe den Preis "für den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen" erhalten, hieß es zur Begründung.
  31. Jelinek hat die Entgegennahme des Literatur-Nobelpreises als "überraschende und große Ehre" bezeichnet.
  32. Jelinek sei eine "ganz ungewöhnliche, völlig aus dem Rahmen fallende, radikale und extreme Schriftstellerin und in Folge dessen höchst umstritten", sagte Reich-Ranicki.
  33. Jelinek habe dabei vor allem "die Konsumgesellschaft Österreich kritisiert, die nicht ihre eigene Vergangenheit aufgearbeitet hat".
  34. Die Akademie habe bei der Entscheidung nicht darauf gesehen, dass Jelinek eine Frau ist.
  35. Jelinek ist die zehnte Frau, die den Preis erhält.
  36. Nach eigenen Worten kann sich Jelinek nicht uneingeschränkt über den Preis freuen, weil sie nicht nur für ihre eigenen Verdienste, sondern auch als Frau ausgezeichnet worden sei.
  37. Jelinek wurde bereits mit Dutzenden Literaturpreisen ausgezeichnet.
  38. Als junges Mädchen hatte Jelinek sich zunächst der Musik zugewandt und studierte am Wiener Konservatorium Orgel, Blockflöte und Komposition.
  39. Jelinek arbeitet im Theater viel mit deutschen Regisseuren zusammen, so Claus Peymann, Einar Schleef und Christoph Schlingensief.
  40. Die Schwedische Akademie in Stockholm teilte mit, Jelinek habe den Preis "für den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen" erhalten.
  41. Jelinek bezeichnete die Auszeichnung als "überraschende und große Ehre".
  42. Jelinek sagte weiter, sie betrachte den Nobelpreis nicht "als Blume im Knopfloch für Österreich".
  43. Jelinek setzte sich in ihren Werken mit Frauen- und Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und ökonomischer Unterdrückung auseinander.
  44. Jelinek sei ein sehr politischer Mensch.
  45. "Meine Bewunderung für ihr Werk hält sich in Grenzen", kommentierte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki die Preisvergabe an Jelinek: "Meine Sympathie für ihren Mut, ihre Radikalität, ihre Entschlossenheit und ihre Wut ist enorm."
  46. "Ihre Texte sind keine Beruhigungstabletten", äußerte sich der Regisseur Christoph Schlingensief, der mehrfach mit Jelinek zusammengearbeitet hatte.
  47. "Wenn man den Preis als Frau bekommt, dann kriegt man ihn eben auch als Frau", sagte Jelinek.
  48. Schon kommen erste Glückwünsche aus den Reihen der Regierungskoalition an Frau Jelinek.
  49. Aber man kann Frau Jelinek trotzdem loben, wenn sie Preise im Ausland bekommt.
  50. Ihre Stücke ließ die Jelinek nicht mehr in Österreich spielen, sondern in Deutschland, wo sie damit mehr Erfolg und weniger Ärger hatte.
  51. In schlechtester Erinnerung sind jene Wahlplakate der Wiener FPÖ, die polemisch eine sehr rhetorische Frage stellten: Lieben Sie Jelinek oder Kunst und Kultur?
  52. Das Besondere an der politischen, der feministischen Schriftstellerin Jelinek ist jedoch: Sie bleibt in jeder Zeile Dichterin, das heißt: Mit keiner Zeile verriet sie den Anspruch der Poesie an ideologische Forderungen des Tages.
  53. Der Vater, Friedrich Jelinek, war Chemiker und vor 1945 in kriegsdienlicher Forschung tätig, darum vor antisemitischer Verfolgung einigermaßen geschützt.
  54. Er empfinde "große Freude" für Jelinek, die sich durch ihre "unerhörte Sprache" und einen "völlig eigenwilligen Stil" auszeichne.
  55. Ähnlich äußerte sich der Literaturwissenschaftler Gert Mattenklott: Mit Aggression und Grellheit provoziere Jelinek in ihren feministischen Werken heftigen Widerspruch.
  56. "Jelinek hat einen harten Kern von Fans.
  57. Diese Art von politisch aufrührender und aufwühlender Literatur, die nicht auf Globalisierung setzt, sondern auf Tiefensondierung - Jelinek ist eine Künstlerin altmodischer Art".
  58. Besonders verdient um Jelinek hat sich Claus Peymann gemacht, nicht nur als Regisseur, sondern auch als Intendant.